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E I N F Ü H R U N G


Es ist ein zentrales Anliegen des Trägervereins der Gedenkstätte Ahrensbök, einen Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu spannen, Parallelen aufzuzeichnen. Heutigen und künftigen Generationen soll durch Vermittlung der Geschichte, wie sie vor ihren Haustüren geschah, Verständnis für Ursachen, Unrecht und Leid der Opfer vermittelt werden. An Beispielen aus der Region wird demonstriert, wie schrecklich die Folgen eines undemokratischen, totalitären Systems sein können Mit der Arbeit soll ein Beitrag geleistet werden, dass Unrecht wie in der Vergangenheit – oder Ähnliches – nicht wieder geschieht. Insbesondere junge Menschen werden Geschichte, wie sie in ihrer Region geschah, erfahren. Deshalb sind Schul- und Jugendgruppen neben anderen Interessierten eingeladen, an diesem außerschulischen Lernort zu erfahren, wie die NS-Diktatur vor Ort in der Provinz begann und wie sie dort wütete.

Die Gedenkstätte Ahrensbök bietet vielfältige Bildungsangebote an, die nach Absprache auf jede Besuchergruppe individuell angepasst werden können.

Auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten sind Gruppenbesuche nach Absprache jederzeit möglich. Der Eintritt ist frei, die Kosten für eine Führung betragen 50 Euro, für Schul- und Jugendgruppen sind Führungen, Workshops und Projekttage kostenfrei.

Führungen sind in deutscher und englischer Sprache möglich.



 
F Ü H R U N G E N 
 
Die Führungen werden an die Bedürfnisse und Interessen der Gruppe angepasst, den Besuch von Schul- und Jugendgruppen empfehlen wir für die Sekundarstufe I ab der 9. Klasse und für die Sekundarstufe II.

Überblicksführung durch die Gedenkstätte:

In der Gedenkstätte Ahrensbök werden Anfang, Alltag und Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anhand von regionalen Beispielen thematisiert.
Die Führung spannt inhaltlich einen Bogen über die Nutzung des heutigen Gedenkstätten-Gebäudes als frühes Konzentrationslager im Herbst 1933 und als Schulgebäude ab Dezember 1933, über die Verfolgung und Enteignung jüdischer Bürger und Bürgerinnen sowie über das Thema Zwangsarbeit in Ahrensbök 1939-1945, und den Verlauf eines Todesmarsches im Frühjahr 1945 von Auschwitz-Fürstengrube über Ahrensbök nach Neustadt in Holstein. Außerdem gibt sie einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Gedenkstätte. Dauer: 90 Minuten
Gruppengröße: max. 30 Personen

Thematische Führungen zu ausgewählten Ausstellungsthemen:

Thematische Führung „Der Anfang“
  • Inhaltliche Schwerpunkte: Ostholstein als „Probebühne des Dritten Reichs“, frühe Konzentrationslager, das frühe Konzentrationslager in Ahrensbök
  • Dauer: 60 Minuten
  • Gruppengröße: max. 30 Personen
Thematische Führung „Der Alltag“
  • Inhaltliche Schwerpunkte: Verfolgung und Enteignung jüdischer Menschen in Ahrensbök, „Unsere Schule war ein KZ“: Schule und Bildung im Nationalsozialismus, Zwangsarbeit in Ahrensbök 1939-1945
  • Dauer: 60 Minuten
  • Gruppengröße: max. 30 Personen
Thematische Führung „Das Ende“
  • Inhaltliche Schwerpunkte: Der Todesmarsch von Auschwitz nach Holstein, die Cap Arcona-Katastrophe
  • Dauer: 60 Minuten
  • Gruppengröße: max. 30 Personen
  • Optional: Zeitzeugenfilm im Anschluss an die Führung mit abschließendem Gespräch (ca. 30 Minuten)
 
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W O R K S H O P S 
 
Dieser Workshop ist geeignet für die Sekundarstufe I ab der 9. Klasse und für die Sekundarstufe II.
Workshop „Todesmarsch“

Ablauf: Thematische Führung „Das Ende“ zum Todesmarsch von Auschwitz nach Holstein und zur Cap Arcona-Katastrophe, selbstständige Arbeit mit Fragebögen zu Biographien Überlebender in der Ausstellung, Zeitzeugenfilm mit anschließendem Gespräch

Dauer: 2,5 Stunden

Weitere Workshops und Projekttage nach individueller Absprache
 
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F I L M A N G E B O T E 
 
  • Zeitzeugenfilm mit Samuel und Judith Taube zum Todesmarsch von Auschwitz nach Holstein (Dauer: 20 Minuten)

  • Zeitzeugenfilm mit Sam Pivnik und Albert van Hoey, sowie die Eröffnung der Gedenkstätte Ahrensbök am 8. Mai 2001

  • Zeitzeugenfilm mit Benjamin Jacobs, dem „Zahnarzt von Auschwitz“

  • Zeitzeugenfilm mit dem Zeitzeugen Bogdan Siewierski, Sohn von Zwangsarbeitern, anlässlich des 10-järigen Bestehens der Gedenkstätte Ahrensbök

  • Zeitzeugenfilm mit Albert van Hoey im Gespräch mit dem Filmemacher Fred Freitag

  • Zeitzeugenfilm mit Marianne Wilke während eines Vortrags in der Gedenkstätte Ahrensbök

  • Dokumentationsfilm zum Schülerprojekt Cap Arcona:
    „Geschichten ganz nah... die Erinnerung muss bleiben“. (Dauer: 40 Minuten)

  • Dokumentationsfilm “Von Ratekau über Berlin nach Auschwitz“ – Gedenkstättenfahrt von Schüler*innen zur Gedenkstätte Auschwitz (Dauer:36 Minuten)

  • Videotagebuch „Was geht uns das an“. Filmprojekt anstelle eines Jugendlagers im Rahmen des bundesweiten Förderprogramms „Jugend erinnert“ (Dauer: ca. 30 Minuten)
    Link zum Videotagebuch

  • Zeitzeugenfilm "„Verdrängen und Erinnern. Eine Kindheit im Nationalsozialismus“ (Dauer: etwa 30 Minuten): Link zum Film





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Nutzung des Filmangebots nach vorheriger Anmeldung
 
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B I B L I O T H E K 
 
In der Gedenkstätte ist eine Fachbibliothek mit knapp 1000 Büchern vorhanden, die nach vorheriger Anmeldung genutzt werden kann.
 
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P R O J E K T    "W A S  G E H T  U N S  D A S  AN?"  
 
Vernetzung und Kooperation in der Region zur Vermittlung der NS-Zeit für junge Menschen

„Was geht uns das an?“ … könnte man sich 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fragen. Das Projekt möchte anregen zum Nachdenken über diese Frage, zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und zum Diskutieren über gegenwärtige gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Das Projekt umfasst zwei Bildungsangebote für junge Menschen:
  • Die Entwicklung der Webseite „Auf den Spuren des Todesmarsches“
Das Internationale Sommerlager „Crossing Borders“ wird in den Jahren 2021 und 2022 stattfinden. Coronabedingt musste es 2020 ausfallen. Stattdessen entstand ein Videotagebuch.
Bereits in den Jahren 1999 bis 2016 fanden jährlich Jugendsommerlager an der Gedenkstätte Ahrensbök statt - meist in Zusammenarbeit mit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. Neben Jugendlichen aus West- und Osteuropa nahmen manchmal auch junge Menschen mit Beeinträchtigungen und junge Asylbewerber teil – ein gelebter Lernort für Verständigung, Verständnis, Toleranz und Abbau von Vorurteilen.

Diese Tradition wird 2021 fortgesetzt. Schwerpunkte der Sommerlager sind zum einen die Auseinandersetzung mit Themen der NS-Zeit und die Reflektion von Bezügen zur Gegenwart sowie zu persönlichen Erfahrungen, zum anderen das Kennenlernen der drei Weltreligionen Judentum, Islam und Christentum. Außerdem geht es um die praktische Arbeit an der Gedenkstätte zur Instandhaltung des Gebäudes und zur weiteren Erschließung des Außenbereichs. Ein zentrales Element ist das Kennenlernen und Austauschen der Teilnehmenden untereinander, auch die gemeinsame Freizeitgestaltung kommt nicht zu kurz! Das Internationale Jugendsommerlager findet in Kooperation mit dem Ev.-Luth. Kirchenkreis Ostholstein statt.

Die Entwicklung der Webseite „Auf den Spuren des Todesmarsches“ wird 2021 realisiert. In Zusammenarbeit mit einer Schülergruppe soll eine Webseite entwickelt werden, welche die Stationen des Todesmarsches aufzeigt, der im April 1945 aus den Konzentrationslagern Auschwitz-Fürstengrube und Dora-Mittelbau (Harz) kam und durch Holstein bis nach Neustadt führte, wo die meisten Häftlinge während der Cap Arcona Katastrophe ihr Leben verloren. Mit der Website wird ein digitales Angebot von jungen Menschen für junge Menschen entstehen.

Das auf drei Jahre angelegte Projekt wird gefördert aus dem Förderprogramm „Jugend erinnert“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Kofinanziert wird es von der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten und dem Landesbeauftragten für politische Bildung Schleswig-Holstein .

Gefördert von:

Gefördert von:




In Kooperation mit:



Kooperationspartner:

 
 
 
V I D E O T A G E B U C H  S T A T T  J U G E N D S O M M E R L A G E R


Zweimal - im Sommer und im Herbst des vergangen Jahres - musste das Jugendsommerlager „Crossing Border“ ausfallen. Im November 2020 aber gelang es, das Jugendlager - Corona-bedingt - in verkürzter Form unter Leitung der Gedenkstättenpädagogin Luisa Taschner für den Trägerverein der Gedenkstätte Ahrensbök gemeinsam mit Daniel Hettwich für den Ev.-Luth.Kirchenkreis Ostholstein durchzuführen.

„Was geht uns das an“? fragten sechs junge Leute aus drei Nationen, die sich vier Tage lang inhaltlich mit Themen der nationalsozialistischen Diktatur auseinandersetzten, auch mit Anfang, Alltag und Ende, wie in der Gedenkstätte Ahrensbök an Beispielen aus der Region thematisiert wird. Sie besuchten verschiedene Kultur- und Erinnerungsorte wie die Grabstelle der sechs KZ-Häftling auf dem Friedhof von Ahrensbök oder das Cap-Arcona-Ehrenmal von Neustadt. Mit dem Besuch einer Kirche und einer Moschee wurden die drei Weltreligionen thematisiert; der Besuch einer Synagoge war Corona-bedingt nicht möglich.

Am Ende der vier Tage saßen die jungen Leute zum letzten Gedankenaustausch um ein Lagerfeuer und versprachen sich ein Wiedersehen im folgenden Jahr. Das Ergebnis ist ein Videotagebuch, das der Filmemacher Jens Westen, Neustadt, im Rahmen des Bundesförderprojekts „Jugend erinnert“ erstellte.
Videotagebuch



RÜCKBLICK:   A U S    A L L E R    W E L T   N A C H    O S T H O L S T E I N
JUNGE MENSCHEN HELFEN BEI AUFBAU, ERHALT UND PFLEGE DER GEDENKSTÄTTE

Anno 1999: An der Bundesstraße 432 zwischen Ahrensbök und Scharbeutz befand sich ein leer stehendes, verlassenes Gebäude in einem verwilderten Park. Noch gab es keine Pläne, an diesem Ort eine Gedenkstätte einzurichten, obwohl inzwischen die Geschichte des Hauses öffentlich thematisiert worden war: Hier, wo die Nationalsozialisten im Oktober 1933 ein frühes Konzentrationslager eingerichtet hatten, sollte 66 Jahre später das erste internationale Jugendsommerlager stattfinden.

Die Idee war – und ist – junge Menschen bei Aufbau, Erhalt und Pflege der Gedenkstätte einzubinden und sie mit Aufgaben und Zielen der regionalen Gedenkarbeit vertraut zu machen. Veranstalter ist der gemeinnützige “Trägerverein Gedenkstätte Ahrensbök/Gruppe 33“, der seit 1999 zusammen mit anderen Organisationen wie der „Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste“, Berlin, oder dem Bugenhagen Berufsbildungswerk, Timmendorferstrand, der Kieler Flüchtlingsorganisation „Lifeline“ sowie gemeinsam mit den evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden Ahrensbök-Curau-Gnissau und dem Ahrensböker Partnerverein Grzmiaca/Gramenz die Jugendsommerlager ausrichtet.

Sie kamen und kommen aus aller Welt – nur der australische Kontinent war bislang nicht vertreten. Junge Leute reisten aus Polen, Tschechien, der Ukraine, aus Weißrussland, Russland und Sibirien, Ungarn und Mazedonien an. Es nahmen Schüler aus den USA, aus Holland, Österreich und aus Deutschland teil. Aus dem Irak, aus Afghanistan und Ghana kamen junge Flüchtlinge, aus dem Iran zwei Brüder, die mit ihrer Familie in Deutschland Asyl suchten. 2001 trafen erstmals, seit 2014 jedes Jahr wieder Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums aus der polnischen Partnerstadt Ahrensböks, Grzmiaca, in der Gedenkstätte mit jugendlichen Mitgliedern der Kirchengemeinden zusammen. Junge Leute aus Lettland, die in der Kirchengemeinde Curau zu Gast waren, legten im Sommer 2016 Rasengittersteine und Platten als Fundament für zwei Gartenhäuser.


Anfangs musste viel improvisiert werden. Es gab keine Duschen; also wurden Ausflüge in ein Sportlerheim organisiert. Es gab keinen Herd, keinen Kühlschrank; also wurde das Essen außerhalb zubereitet – ein Wirtshaus in der Nachbarschaft spendierte das Geschirr. Es gab in den Zelten keine Matratzen; also wurden Strohlager gebaut. Als Esstische dienten ausgemusterte Schulpulte, Stühle wurden von überall her angeschleppt. Und wenn der Regen zu stark auf – und in - die Zelte prasselte, in denen die Teilnehmenden übernachteten, mussten die jungen Leute in die Räume des Gebäudes, der späteren Gedenkstätte, flüchten und dort kampieren.

Ursprünglich waren täglich – außer am Wochenende - fünf Arbeitsstunden angesagt. Gäste, die vorbeischauten, schüttelten mitfühlend die Köpfe, wenn sie den jungen Leuten bei der Arbeit zusahen. Da wurden Löcher in den Decken gestopft, verwitterte Wände geweißt, schmutzige Holzböden abgezogen und geschrubbt. In einem Sommer entkernten die jungen Leute das marode alte Badezimmer im Erdgeschoss, Im folgenden Jahr zogen sie Gräben rund um das Haus, um das Fundament zu isolieren. In einem anderen Sommer wurden muffiger Schimmel und verrotteter Putz von den Wänden der ehemaligen Verhörzelle und anderer Kellerräume abgeklopft, wie auch Schutt und Müll vieler Jahrzehnte von unten nach oben rausgeschleppt werden mussten.

Das erste internationale Jugendsommerlager 1999 wird besonders in Erinnerung bleiben. 15 junge Menschen aus vier Ländern Europas schufen das Wegzeichenprojekt – Mahnmale wurden in all den Orten aufgestellt, durch die der Todesmarsch im April und Mai 1945 durch Ostholstein führte. Zwei Wochen lang arbeiteten unter Anleitung des Berliner Künstlers Wolf Leo zwölf junge Frauen und drei junge Männer von morgens früh bis abends spät körperlich hart, um Figuren aus Ton zu formen, die gebrannt und in selbst gegossene Platten aus Beton eingefügt wurden. Seitdem markieren diese Stelen die Wegstrecke von Lübeck bis Neustadt (s. Lernort: Wegzeichen erinnern und mahnen).


Die Zeit körperlich harter Arbeitseinsätze gehört – meist - der Vergangenheit an. Seit die Räume der Gedenkstätte mit finanzieller Hilfe von Bund und Land renoviert wurden, helfen heute junge Leute im Archiv und in der Bibliothek. Oder sie jäten und harken den Außenbereich. Und sie machen sich jeden Sommer auf den Weg, um die Stelen zu pflegen, die dazu gehörenden Informationsschilder zu reinigen und das Umfeld von grünem Wildwuchs zu säubern. Dabei erfahren sie, was an den verschiedenen Orten 1945 geschah. Beispielsweise in Dunkelsdorf, wo sechs Häftlinge erschossen wurden. Beispielsweise in den Scheunen von Siblin und Gut Glasau, wo die Häftlinge zwei Wochen lang eingesperrt waren.

In jedem Sommerlager wird die Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft, wie sie in Ahrensbök geschah, thematisiert. Die jungen Leute besuchen die Ausstellungen der Gedenkstätte und erfahren, wie frühe und spätere Konzentrationslager funktionierten, wie ein Todesmarsch verlief. Ihnen wird das nationalsozialistische Bildungssystem am Beispiel von Ahrensbök erklärt. Und sie hören von Verfolgung und Enteignung jüdischer Bürger und der Ausbeutung mehr als tausend aus ihrer Heimat verschleppter Fremdarbeiter, die in Ahrensbök Zwangsarbeit leisten mussten. Zeitzeugen und Fachleute werden eingeladen, um aus eigener Erfahrung zu berichten. Auch der Besuch anderer Gedenkstätten wird organisiert.

Ein besonderes Anliegen der internationalen Sommerlager ist, Erkenntnisse der Vergangenheit mit der Gegenwart zu verknüpfen. Das Sommerlager beginnt mit einem Begrüßungsgottesdienst in der evangelischen Kirche Ahrensböks. Oft folgen Besuche einer Synagoge und einer Moschee, um für alle drei Weltreligionen Interesse zu wecken. Zu einigen Sommerlagern werden Flüchtlinge eingeladen, um sich mit den jungen Europäern auszutauschen. Erfahrungen zeigen, dass während abendlicher Gesprächskreise die unterschiedlichen Lebenserfahrungen der jungen Menschen heiß diskutiert werden. Viele erfahren erstmals die Gründe, warum Gleichaltrige aus ihren Heimatländern flüchten, dass Vertreibung und Verfolgung nicht Geschichte, sondern eine aktuelle Menschheitskatastrophe ist.

Nun glaube niemand, dass sich die jungen Leute ausschließlich mit der dunklen Seite der deutschen Geschichte oder dem Unrecht der Gegenwart befassen. Wer in der Zeit des Jugendsommerlagers die Gedenkstätte besucht, wird schon von weitem lautes Gelächter und fetzige Musik hören. Gemeinsam fahren alle zu Badebesuchen an die Ostsee, unternehmen Ausflüge ins Hansaland, Einkaufsbummel nach Lübeck und Eutin oder Paddelexkursionen auf der Trave. Sie veranstalten Konzerte, Sommerfeste, fröhliche Grillabende mit Lagerfeuer. Es wird gebastelt, getrommelt und gekegelt, gesungen, getanzt und fröhlich musiziert, wie das junge Menschen überall in der Welt machen, wenn sie zusammenkommen.
 
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RÜCKBLICK:   W E G Z E I C H E N    E R I N N E R N    U N D    M A H N E N 
STELEN MARKIEREN DEN WEG DES TODESMARSCHS DURCH OSTHOLSTEIN

Sie sollen Stolpersteine sein, zum Erinnern und Mahnen anregen. Seit dem 1. September 1999, markieren zwölf Stelen - frei und aufrecht stehende Platten aus Beton mit eingelassenen Tontafeln und Tonfiguren - die Wegstrecke, auf der im April 1945 etwa 500 Häftlinge aus den Konzentrationslagern Auschwitz-Fürstengrube und Mittelbau-Dora von Lübeck über Bad Schwartau, Pohnsdorf, Curau, Bokhof, Dunkelsdorf, Ahrensbök, Siblin, Sarau, Süsel bis nach Neustadt i. H. marschieren mussten, wo die meisten auf Häftlingsschiffen in der Lübecker Bucht während eines britischen Bombardements ihr Leben verloren.

Die Wegzeichen sind das Werk von 15 jungen Menschen aus Polen, Tschechien, Weißrussland und aus Deutschland. Während eines gemeinsamen internationalen Sommerlagers - initiiert von der Gruppe 33, einer Bürgerinitiative, die sich als Arbeitsgemeinschaft zur Zeitgeschichte in Ahrensbök organisiert hatte - und in Zusammenarbeit mit der international aktiven Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste - arbeiteten sie 14 Tage lang unter Anleitung des Berliner Künstlers Wolf Leo. Nicht an Schuld, so Leo, sollen die Stelen erinnern, sondern an die Verantwortung der Nachgeborenen.

Die Idee dieses Wegzeichen-Projektes war im Sommer 1998 entstanden. Auf Einladung der Gruppe 33 war Sam Pivnik - ein ehemaliger Häftling des Auschwitz-Nebenlagers Fürstengrube und unfreiwilliger Teilnehmer des Todesmarsches - nach Ahrensbök gekommen. Pivniks Besuch und seine bewegende Bereitschaft zur Versöhnung veranlassten den damaligen Bürgermeister Wolfgang Frankenstein und andere Ahrensböker Honoratioren zu dem Versprechen: "Wir wollen dem Todesmarsch ein Denkmal setzen".

Das Versprechen wurde ernst genommen. Der damalige Ahrensböker Pastor Michael Schwer, Mitinitiator der Gruppe 33, las in einer Zeitschrift des Vereins "Wider das Vergessen, für Demokratie" von Stelen, mit denen Wolf Leo den Todesmarsch von Frauen aus dem KZ Ravensbrück markiert hatte. Der Pastor erhielt schnell die Zusage zur Mitarbeit an einem Wegzeichenprojekt im ostholsteinischen Raum. Rund zwanzigtausend Mark würde es kosten, so Leos Erfahrung, was den Pastor nicht entmutigte. Auf seiner Betteltour kriegte er mal da tausend, mal dort zweitausend Mark - von der evangelischen Kirche wie von Gemeinden, Kreis und Land. Die Heinrich-Böll-Stiftung konnte ebenfalls gewonnen werden wie auch der französische Verein der "Söhne und Töchter deportierter Juden", zu dem Beate und Serge Klarsfeld gehören; sein Vater war Häftling in Fürstengrube.


Bemerkenswert ist das ehrenamtliche Engagement einer Reihe von Leuten, das das Projekt erst möglich machte. Nicht nur mussten die zwölf Mädchen und die drei Jungen An- und Abreise selbst finanzieren, sie zahlten auch für die Unterbringung in Zelten zwischen 50 und 180 Mark. Barbara Braß, damals Jugendbetreuerin in Ahrensbök, und engagierte Leiterin dieses - und später vieler internationaler Jugendsommerlage -, opferte im Sommer 1999 – ebenso wie in folgenden Jahren ihre Urlaubswochen.

Von Anfang an stand fest, dass es nicht allein um Schaffung und Aufstellung von Mahnmalen ging. Mit den jungen Leuten sollte auch inhaltlich gearbeitet werden: Das Camp war im Garten und dem Gebäude untergebracht, in dem sich 1933 ein frühes Konztentrationslager befand. Gemeinsam schritten die Jugendlichen die holsteinische Wegstrecke des Todesmarsches ab. Sie sprachen mit Zeitzeugen, die 1945 am Straßenrand gestanden hatten. Einen Abend lang hörten sie Berichten des Regionalhistorikers Gerhard Hoch zu, der 1990 in seinem Buch "Von Auschwitz nach Holstein" als erster über den "Leidensweg der 1200 jüdischen Häftlinge von Fürstengrube" berichtet hatte.

Für Hoch ging mit dem Wegzeichenprojekt ein "Traum in Erfüllung". Er, der viele Jahre lang wegen seiner Arbeit über den nationalsozialistischen Terror in seiner schleswig-holsteinischen Heimat angegriffen wurde, war nun zuversichtlich, dass die Stelen Menschen anziehen und ihre Neugierde wecken würden. Das Andenken an das Leid der geschundenen Männer damals, so erklärte Hoch, würde Menschen heute ermutigen, für eine Politik einzutreten, "die Nähe zu Opfern schafft".
 
STANDORTE DER STELEN

Stele    1: Lübeck, Gustav-Radbruch-Platz/Ecke Fährstraße, nördlich der Burgtorbrücke
Koordinaten: 53.875477, 10.692352
Stele    2: Lübeck: Schwartauer Landstraße, Nordostecke des Tremser Teichs
Koordinaten: 53.900956, 10.689150
Stele    3: Bad Schwartau, Zentrum: Ecke Schulstraße / Rensefelder Straße, Jugendtreff „Alte 12“
Koordinaten: 53.920137, 10.693649
Stele    4: Bad Schwartau Alt Rensefeld, am Teich vor der Kirche St. Fabian
Koordinaten: 53.920961, 10.677853
Stele    5: Pohnsdorf, bei der Ulme am Dorfanger (kurz vor der Einmündung auf die Straße nach Ahrensbök)
Koordinaten: 53.927993, 10.636833
Stele    6: Curau, im Rosenfeld an der Straße nach Ahrensbök, Kreuzung nach Dissau/Malkendorf
Koordinaten: 53.950961, 10.622118
Stele    7: Bokhof, an der Straße nach Ahrensbök, Abzweigung Dunkelsdorf
Koordinaten: 53.967983, 10.600891
Stele    8: Ahrensbök, Lübecker Straße bei der Marienkirche
Koordinaten: 54.007587, 10.574275
Stele    9: Feldscheune Siblin auf der Straße Ahrensbök - Eutin, nahe dem Rettungshubschrauberplatz
Koordinaten: 54.040440, 10.560842
Stele 10: Sarau, an der Kirche
Koordinaten: 54.055400, 10.524386
Stele 11: Süsel, Seeweg, nahe der Kirche
Koordinaten: 54.076069, 10.718783
Stele 12: Neustadt, Lienaustraße / Lienaupark
Koordinaten: 54.105518, 10.806054
 
 
 
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L I T E R A T U R L I S T E 
 
Jürgen Brather:
„Ahrensbök in der Zeit von 1919 – 1945“, Schmidt-Römhild, Lübeck, 1998

Gerhard Hoch:
„Von Auschwitz nach Holstein“, Dölling und Galitz, Hamburg, 1998

Tadeuzs Iwaszko:
„Das Nebenlager Fürstengrube“, Staatlicher Verlag Auschwitz, 1978

Benjamin Jacobs:
„Der Zahnarzt von Auschwitz“, Deutscher Wissenschafts-Verlag, Würzburg und Boston, 2001

Benjamin Jacobs:
„The 100-year Secret“, Lyons Press, Guilford, Connecticut, 2004

Leo Klüger:
“Lache, denn morgen bist du tot”, Piper, München, 1996

Wilhelm Lange:
„Cap Arcona“, Struve, Eutin, 1985

Sam Pivnik:
„Der letzte Überlebende - Wie ich dem Holocaust entkam“ Theiss Verlag, Darmstadt, März 2017

André Sellier :
„Zwangsarbeit im Raketentunnel“, zu Kampen, Lüneburg, 2000

Lawrence D. Stokes:
„Meine kleine Stadt steht für tausend andere“, Struve, Eutin 2004

Jörg Wollenberg:
„Ahrensbök. eine Kleinstadt im Nationalsozialismus“, Edition Temmen, Bremen, 2000
(über Gedenkstätte)

Jörg Wollenberg:
“Unsere Schule war ein KZ“, Edition Temmen, Bremen, 2000 (über Gedenkstätte)

Jörg Wollenberg:
„Krieg der Erinnerungen – von Ahrensbök über New York nach Auschwitz und zurück. Eine Spurensuche“, (Band 1) Sujet-Verlag, Bremen 2016

Jörg Wollenberg:
„Die andere Erinnerung – Spurensicherung eines widerständigen Grenzgängers“, (Band 2) Sujet Verlag, Bremen 2017

 
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L I N K S 
 
  • Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten
  •  
    GEDENKORTE
  • Gedenkstätte Gudendorf, Initiative Blumen für Gudendorf
  • KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing
  • Gedenkort "AEL-Nordmark", Kiel-Russee
  • Mahnmal-Denkort-Museum Flandernbunker Kiel
  • Lübeck Lutherkirche
  • Lübeck Probsteikirche
  • Jüdisches Museum Rendsburg
  • Museum Cap Arcona in Neustadt i. H.
  • Kultur- und Gedenkstätte Ehemalige Synagoge, Friedrichstadt
  • Quickborn
  • KZ Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund
  • KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen
  • Gedenkstätte KZ Mittelbau-Dora
  • Gedenkstätte KZ Buchenwald
  • Gedenkstätte KZ Neuengamme
  • Gedenkstätte Mauthausen
  • Museum Auschwitz-Birkenau
  •  
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