Stele 7: Bokhof
Lübecker Straße, Abzweig nach Dunkelsdorf
Während des Todesmarsches durch Ostholstein mussten die Häftlinge über die Landstraße vorbei an dem landwirtschaftlichen Betrieb Bokhof, der an der Abzweigung nach Dunkelsdorf lag, marschieren.
Der Augenzeuge Hans-Otto Mutschler sah als Zehnjähriger, wie ein Häftling an dieser Landstraße erschossen wurde:
„Ich war damals 10 Jahre alt und gerade Pimpf, Mitglied des Jungvolks, geworden. Wir waren in Frankfurt ausgebombt. Und deshalb war meine Mutter mit uns Kindern zu ihren Eltern nach Dunkelsdorf gezogen.
An einem Tag Mitte April ging es wie ein Lauffeuer durchs Dorf: Auf der Straße von Lübeck nach Ahrensbök in Höhe Schmiedeberg wurden KZ-Häftlinge entlang getrieben. Wir Kinder, meine Spielkameraden und ich, liefen zur Straße hin. Da sahen wir sie, diese armen, ausgemergelten Menschen, etwa 100 bis 150 Leute in gestreiften Hosen, gestreiften Jacken, gestreiften Mützen, Holzpantoffeln an den Füßen. Am Straßenrand stand auch der Vorarbeiter des Guts Dunkelshof auf einen Stock gestützt. Als einer der Häftlinge zu ihm sagte, er möchte auch gerne einen solchen Stock haben, schoss ihm ein SS-Mann in den Kopf. Er fiel sofort tot um."
Mutschler weiter: "Er war nicht der einzige Tote, den ich sah. Im Straßengraben lagen weitere tote Menschen. Später wurde ich Zeuge, wie der Vorarbeiter des Guts mit einem Pferdefuhrwerk kam. Russische Kriegsgefangene, die auf dem Gut arbeiteten, mussten die Toten aufladen. Die Leute haben erzählt, dass die Toten auf dem Friedhof von Ahrensbök – in dem Bereich, wo später der evangelische Kindergarten gebaut wurde – in einem Massengrab verscharrt wurden. Ich war sehr erschrocken und entsetzt darüber, was ich gesehen hatte. Zu Hause wurde mir geraten, nicht darüber zu reden.“
*****
Von Bokhof mussten die Häftlinge weiter nach Ahrensbök marschieren.
Quellen: Gespräche mit dem Augenzeugen Hans-Otto Mutschler, Gründungsmitglied des Trägervereins der Gedenkstätte Ahrensbök/Gruppe 33 e. V.
Wegzeichenfilm von Martina Fluck mit Hans Otto Mutschler „Verdrängen und Erinnern. Eine Kindheit im Nationalsozialismus“, Mai 2021.