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Das frühe KZ im Direktorenhaus

Am 3. Oktober 1933 wurde im ehemaligen Direktionsgebäude einer Zuckerfabrik am Rande der Gemeinde Ahrensbök von der Eutiner Regierung ein frühes Konzentrationslager eingerichtet. Es bestand bis zum 5. Dezember 1933 und wurde anschließend bis Mai 1934 in die Ahrensböker Ortsmitte in die Plöner Straße verlegt. Die etwa hundert Häftlinge - unter ihnen Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, aber auch ein lokaler Fabrikant – wurden öffentlich gedemütigt, wenn sie in weißen Drillichanzügen durch die Straßen der umliegenden Ortschaften zur Arbeit im Straßenbau marschieren mussten. Menschen kamen im Konzentrationslager Ahrensbök nicht zu Tode. Die Häftlinge wurden jedoch in einem Kellerraum des Gebäudes misshandelt.

 

Unsere Schule war ein KZ

Kaum hatten die Häftlinge das Konzentrationslager im ehemaligen Direktionsgebäude geräumt, zog die Ahrensböker Realschule am 8. Dezember 1933 in das Gebäude ein. Die Realschüler mussten einer NS-Eliteschule der SA-Gruppe Nordmark weichen, die ihr Schulgebäude beschlagnahmt hatte. Am 21. März 1934 wurde das Gebäude geräumt und die Realschule geschlossen.

In Ahrensbök gab es ab 1941 eine Lehrerinnenbildungsanstalt, in der insbesondere junge Frauen zu Volksschullehrerinnen im Sinne der nationalsozialistischen Pädagogik ausgebildet wurden. Eine ehemalige Schülerin berichtet selbstkritisch: „Wir waren glühende Nationalsozialisten. Ich war braun bis auf die Knochen – bis zum bitteren Ende.“

 

Raub jüdischen Eigentums

Im heutigen Ostholstein gab es keine jüdischen Organisationen, keine Synagoge und nur einen kleinen privaten jüdischen Friedhof in Eutin. Es lebten nur wenige Juden im Kreis. Dennoch bedrohte der Antisemitismus die drei in Ahrensbök lebenden jüdischen Familien.

Im Zuge der Enteignung jüdischen Eigentums musste die Familie des Tierarztes Hermann Beckhard Haus und Grundstück weit unter Wert an die Firma Globus Gummi- und Asbestwerke verkaufen. Die Familie emigrierte in die USA.

Die Familie des jüdischen Pferdehändlers Troplowitz überlebte als „Halbjuden“ ohne Verfolgung und Haft die NS-Zeit.

Der in Peru geborene Landwirt Wilhelm (Guillermo) Schulz aus dem Ahrensböker Ortsteil Dunkelsdorf hatte große Mühe, das von seiner Frau übertragene Gut zu behalten. Nach Protest der peruanischen Botschaft setzte der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft die drohende Enteignung außer Kraft.

 

Zwangsarbeit

Eine in den 1980er Jahren im Keller des Rathauses entdeckte „Fremdarbeiterkartei“ enthält die Namen von 1294 Personen, die aus den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten zwischen 1940 und 1945 zur Zwangsarbeit verschleppt wurden. Die meisten (446) kamen aus Polen und der Sowjetunion (665). Andere kamen aus der Tschechoslowakei, Holland, Belgien, Frankreich, den baltischen Staaten und Italien.

Sie mussten in der Landwirtschaft, im Handwerk, in den Globus Gummiwerken, in der Flachsröste und in Familien täglich bis zu zwölf Stunden Zwangsarbeit leisten.

Osteuropäer*innen ging es aufgrund der rassistischen Ideologie der Nationalsozialisten besonders schlecht: Miserable Ernährung und Unterbringung, überlange Arbeitszeiten, mangelnde medizinische Versorgung. Der Ahrensböker Arzt Dr. Andresen gewährte ihnen täglich 30 Minuten seiner Sprechstunde, um „Mißhelligkeiten“ mit der deutschen Bevölkerung zu vermeiden.

 

Todesmarsch von Auschwitz nach Holstein

Etwa 1200 jüdische Häftlinge aus dem Auschwitz-Nebenlager Fürstengrube wurden am 18. Januar 1945 auf einen Todesmarsch getrieben: Zu Fuß nach Gleiwitz, in offenen Kohlewaggons über Mauthausen in den Harz in ein Nebenlager des KZ Mittelbau-Dora, in einem Elbkahn nach Lübeck. Von den 1200 Häftlingen aus Auschwitz kamen 200 in Holstein an. Die meisten waren erschossen worden, erforen, verhungert, verdurstet, an Erschöpfung gestorben.

Transportführer war der Lagerkommandant aus Fürstengrube, Max Schmidt, ein Bauernsohn aus Holstein. Er brachte die Häftlinge in der Feldscheune von Siblin unter. Eine zweite Häftlingsgruppe wurde in die Scheune des Guts Glasau eingesperrt. Einige Häftlinge wurden vom schwedischen Roten Kreuz befreit. Die anderen mussten nach Neustadt marschieren, wo sie auf überfüllte Schiffe in der Lübecker Bucht getrieben wurden. Nur wenige überlebten am 3. Mai 1945 die Bombardierung der Schiffe Cap Arcona und Thielbek, als die britische Luftwaffe die Schiffe bombardierte.

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