P R E S S E 
 
Die Odyssee Lübecker Sinti und Roma
Vortrag in der Gedenkstätte Ahrensbök


Es war der schlimmste Tag für Lübecker Sinti- und Romafamilien. Am 16. Mai 1940, knapp ein Jahr nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen, wurden viele von ihnen in deutsche Vernichtungslager auf polnischem Boden verschleppt. Die Deportation ging ins Lager Belzec, das in einem abgelegenen Gebiet an der südöstlichen Grenze Polens zur Sowjetunion lag, wo etwa eine halbe Million Menschen von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

„Am Beispiel Lübeck. Über die Verfolgung von Sinti und Roma in der Hansestadt“, heißt ein Vortrag am Sonntag, den 16. Juni 2024, um 15.00 Uhr in der Gedenkstätte Ahrensbök. Elisabeth Eßer und Gerhard Eikenbusch, beide aktiv in der Lübecker Initiative Stolpersteine, haben Verfolgung und Diskriminierung Lübecker Sinti und Roma in der Hansestadt und ihre Ermordung in deutschen Vernichtungslager in Polen intensiv erforscht.

Seit vielen Jahren erinnert das Haus der Kulturen in Lübeck zusammen mit der Initiative Stolpersteine am 16. Mai an die Deportation der Lübecker Sinti- und Roma am 16. Mai 1940. Es war zwar bekannt, dass die Deportation nach Belzec in Polen ging, aber über das weitere Schicksal dieser Menschen war zuvor nicht intensiv geforscht worden. Gerhard Eikenbusch und Elisabeth Eßer haben sich diese Forschung zur Aufgabe gemacht. Studien der Wiedergutmachungsakten Überlebender im Landesarchiv in Schleswig förderten wichtige Erkenntnisse zur Odyssee der Sinti und Roma durch die Lager in Polen zutage, zu Hunger, Krankheit, Todesfällen und zur Frage, wie manche von ihnen überlebt haben. Diese Akten offenbarten auch den beschämenden Umgang schleswig-holsteinischer Behörden mit den Überlebenden in den Wiedergutmachungsverfahren der 1950-er, 1960-er und 1970-er Jahre.

Dank dieser Forschung ist ein Buch entstanden: Sinti und Roma in Lübeck von 1933 bis heute (Schmidt-Römhild-Verlag, Lübeck). Es enthält zum einen Gedenkblätter für die deportierten Familien, zum anderen zeigt es auch das Unrecht, das den Überlebenden und ihren Nachfahren noch Jahrzehnte nach ihrer Verfolgung durch die Nazis im demokratischen Schleswig-Holstein widerfahren ist. Elisabeth Eßer und Gerhard Eikenbusch haben als Lehrer*in gearbeitet, beide leben in Lübeck.

Die Veranstaltung am kommenden Sonntag findet im Rahmen von vier Aktionswochen für Demokratie und Vielfalt in Ostholstein statt, https://aktionswocheninostholstein.jimdofree.com/ . Zeitgleich gehört sie zum Begleitprogramm der Ausstellung über Sinti und Roma, „Der lange Weg. Aus Vergangenheit lernen - Zukunft gestalten“, die bis 21. Juli in der Gedenkstätte gezeigt wird. Interessierte sind eingeladen. Der Eintritt ist frei. Spenden sind willkommen.

 
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