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Der bagatellisierte Massenmord
Die „Reichsscherbewoche“ von 1938 im deutschen Gedächtnis


„Eine Welle der Zerstörung, der Plünderung und Brandstiftung, wie man sie in Deutschland seit dem Dreißigjährigen Krieg und in Europa seit der Bolschewistischen Revolution nicht erlebt hat, überflutete Großdeutschland.“ So beschrieb die amerikanische Tageszeitung New York Times die reichsweiten, gewaltsamen Ausschreitungen gegen die deutschen Juden im November 1938. Die systematische Welle von Gewalt, Mord und Zerstörung im November 1938 markierte für das deutsche Judentum einen tiefen Einschnitt.

Zum 82. Mal jähren sich in diesem Jahr die Novemberpogrome von 1938. „Als die Synagogen brannten. Die lange Geschichte der Bagatellisierung der Novemberpogrome 1938“, heißt ein Vortrag zu dem der Trägerverein am Sonntag, den 8. November 2020, um 15.00 Uhr in die Gedenkstätte Ahrensbök einlädt. Im Mittelpunkt des Vortrags steht die Frage, weshalb die Pogrome seit 1945 häufig nur bagatellisierend erinnert und so die Erfahrungsgeschichte der Opfer ebenso wie die breite Täter- und Mitwisserschaft verharmlost werden. Referent ist der Politikwissenschaftler und Zeithistoriker Harald Schmid, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten.

Die Judenverfolgung hatte sofort nach der Machtübertragung begonnen. Bereits wenige Wochen nach dem 30. Januar 1933 riefen die Nationalsozialisten zum Boykott jüdischer Geschäfte auf, 1935 folgten die „Nürnberger Gesetze“. War anfangs die Politik des NS-Regimes auf Ausgrenzung und Vertreibung jüdischer Bürger und Bürgerinnen ausgerichtet, wurde die Gewaltwelle vom November 1938 zum ersten Massenmord an jüdischen Deutschen. Deshalb, so der Referent Schmid, habe es keine „Pogromnacht“ - im Volksmund und in der Öffentlichkeit verniedlichend „Reichskristallnacht“ genannt – gegeben, sondern eine „Pogromwoche mit zigtausenden Tätern und hunderttausenden Zuschauern“. Mehr als tausend Juden starben, circa 30.000 Männer wurden in Konzentrationslager deportiert, etwa 1400 Synagogen wurden angezündet, zehntausend Geschäfte, Betriebe, Wohnungen, Heime, Schulen und Friedhöfe zerstört.

Interessierte sind zu diesem Vortrag in die Gedenkstätte eingeladen. Besucher*innen müssen sich per Telefon oder E-Mail anmelden: 04525 – 493 060, gedenkstaetteahrensoeh@t-online.de . Mit Beginn der kühlen Jahreszeit, wenn Fenster und Türen geschlossen bleiben müssen, wird bei Veranstaltungen das Tragen von Mund- und Nasenschutz Pflicht. Es gelten die vorgeschriebenen Hygiene- und Abstandsverordnungen der am Tag des Besuchs gültigen Verordnung des Landes Schleswig-Holstein.

"Pogromwoche mit zigtausenden Tätern
und hunderttausenden Zuschauern":
Dr. Harald Schmid

 
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